Die Verkehrswende ist auch eine soziale Frage

Die Verkehrswende ist auch eine soziale Frage“

Hüseyin Sahin wohnt in Dettingen und arbeitet in Kirchheim. Er trat als Bundestagskandidat der LINKEN im Wahlkreis Nürtingen dafür ein, die Krise unseres Verkehrssystems nicht nur ökologisch zu betrachten. Für ihn ist die Verkehrswende auch eine soziale Frage.

Sahin hält den Vorrang des Autos – unabhängig vom Antrieb – wegen der Umweltbelastung nicht nur für ökologisch schädlich, sondern auch für ungerecht. Er begründet das so: „Alle Menschen sollten sich problemlos und klimafreundlich an verschiedene Orte bewegen können – unabhängig davon, ob sie in der Großstadt, einer Kleinstadt oder auf dem Land leben, ob sie viel oder wenig Geld besitzen, ob sie jung oder alt, Mann oder Frau sind. Derzeit ist das nicht möglich.“ Viele Orte – auch im dicht besiedelten Landkreis Esslingen – seien ohne Auto nicht oder nur unter großem Zeitaufwand erreichbar. Daher seien Menschen entweder vom eigenen Auto abhängig oder weniger mobil.

Auch die Belastungen durch den motorisierten Individualverkehr seien sozial unterschiedlich verteilt. Unter den negativen Auswirkungen des Verkehrs würden vor allem die Menschen leiden, die am wenigsten zu ihnen beitragen. Straßenlärm und Luftverschmutzung in den Städten treffe wegen der Lage der Wohnungen überwiegend ärmere Bevölkerungsschichten. Unsere autogerechten Städte und Infrastrukturen würden den Raum für umweltfreundliche Fortbewegungsalternativen – Radfahren, zu Fuß gehen – und den Raum für soziale Begegnungen und Naherholungsorte begrenzen. Lebenswerte öffentliche Plätze, Parks und Grünanlagen oder öffentliche Räume wie Spiel- oder Grillplätze dürften nicht nur in „besseren“ Wohngebieten zur Verfügung stehen – gute Lebensqualität im öffentlichen Raum müsse für alle da sein! „Die Verkehrswende ist auch eine soziale Frage“ weiterlesen

Leserbrief zum Ausgang des Bürgerentscheids zum Hungerberg

Merkwürdige Demokratievorstellung

Nachdem sich fast zwei Drittel der Wähler*innen sich für den Erhalt des Hungerbergs ausgesprochen haben, sollten alle die Botschaft verstanden haben und künftig die Bürgerschaft früher einbinden und überzeugen. Thomas Bopp, Vorsitzender des Verbands Region Stuttgart sieht das anders: Die Bürger*innen in Dettingen haben falsch entschieden. Solche Abstimmungen könnten nicht zum gewünschten Ergebnis führen. Seine Schlussfolgerung: „Ein Grundproblem ist, dass bei solchen Bürgerentscheiden, bei denen es um die Verwirklichung regionaler Interessen gehe, immer nur die direkt Betroffenen vor Ort mitentscheiden dürfen.“

Wer sonst sollte vor Ort entscheiden, wenn nicht die Bürgerinnen und Bürger vor Ort selbst. Thomas Bopp spricht den Bürger*innen die Vernunft und Kompetenz ab, für ihre Zukunft zu entscheiden: „Wenn man die Betroffenen entscheiden lässt, stoßen wir …auf Widerstand. Die Gefahr eines Stillstands ist groß.“ Deswegen plädiert er für eine „Stärkung der regionalen Planungskompetenzen“, sprich für die Reduzierung der Mitsprachrechte der direkt Betroffenen.

Da offenbart Herr Bopp ein merkwürdiges Demokratieverständnis. Ich bin froh, dass wir in den Kommunen noch Rechte haben. Hoffentlich gibt es ausreichend verantwortungsvolle Landtagsabgeordnete, die seinem Ansinnen einen Riegel vorschieben. Seine Überlegungen nehmen den Bürger*innen den letzten Rest an Vertrauen in die Politik. Angesichts der allgemeinen Politikverdrossenheit finde ich es gut, dass so viele Menschen aus Dettingen sich am Bürgerentscheid beteiligt haben. Wir brauchen keine einsamen Entscheidungen über die Köpfe der Menschen hinweg.  Wenn die Zukunft mit allen und für alle fair gestaltet werden soll, ist mehr Mitsprache der Betroffenen vor Ort unerlässlich.

Heinrich Brinker

Leserbrief zum Industriegebiet Hungerberg

Klimaschutz machen wir später

Die Lobbyisten für ein Industriegebiet Hungerberg scheint die Sorge umzutreiben, dass die Dettinger Bürgerinnen und Bürger doch nicht so einfach für die Bebauung zu gewinnen sind. Nun werden auch noch die Landtagsabgeordneten Natalie Pfau-Weller und Andreas Kenner als Lobbyisten eingespannt, um noch mal die Mär von der Notwendigkeit der Bebauung zu erzählen. Deren Parteien bemühen sich in der Regionalversammlung auf den letzten Metern, das Wahlvolk zu gewinnen. Sie fühlen sich nun plötzlich bemüßigt, sich auch an den Kosten der sogenannten Ausgleichsmaßnahmen zu beteiligen. Dass das auch nur Blendwerk ist, war der Stuttgarter Zeitung vom 17. September zu entnehmen. Der Chefplaner des Verbandes Region Stuttgart, Herr Kwitt, wurde dort mit den Worten zitiert: „Man könnte …das Industriegebiet mit Bäumen kaschieren, einen Landschaftspark anlegen, Aufenthaltsorte mit Sitzmöglichkeiten und Naturbeobachtungszonen schaffen“. Kaschieren heißt laut Duden: „so darstellen, verändern, dass eine positivere Wirkung erzielt wird, bestimmte Mängel nicht erkennbar, nicht sichtbar werden“.

All diesen Stimmen ist gemeinsam, dass zwar von Klimaschutz geredet wird, dieser aber faktisch immer nur in der Zukunft stattfindet. Warum soll der Stopp der Flächenversiegelung künftig einfacher sein als heute? Aktuell werden pro Tag ca. 5 Hektar in Baden-Württemberg betoniert. Das Bundesverfassungsgericht hat erst neulich festgestellt, dass die Maßnahmen zum Klimaschutz die nächste Generation nicht mehr belasten dürfen als die jetzige. Warum werden also heute munter Flächen verbraucht und der künftigen Generation vorenthalten? Wahrscheinlich habe ich den immer wiederholten Spruch „Klimaschutz ist eine Zukunftsaufgabe“ missverstanden. Anscheinend ist damit nicht gemeint: „Das ist hier und heute eine unserer wichtigsten Aufgaben“ sondern: „Das sollen die nächsten Generationen machen.“

Heinrich Brinker

Bei Naturzerstörung – keine Ausnahmen

Bürgermeister Haußmann und Oberbürgermeister Bader zeichnen uns ein Bild von blühenden Dächern, klimaneutraler zukunftsweisender Produktion und einem Industriestandort, in dessen Nachbarschaft man gern leben möchte.  Dabei wird ausgeblendet, dass der Hungerberg als Segment „für größere und ggf. emissionsträchtige Gewerbe- und Industrievorhaben“ bereitgestellt werden soll. 

Im Gegensatz zu der Behauptung von Herrn Haußmann stehen aktuell in der Region sechs Gebiete zur Verfügung, die größer als 20 Hektar sind. Der „strategischer Vorhaltestandort“ am Hungerberg ist also nicht zwingend, wie behauptet wird.

Aus Sicht der Bürgermeister hat der Grünzug nichts mit Naturschutz zu tun, aber die Definition der Landesregierung sagt etwas ganz anderes: „Regionale Grünzüge sind größere zusammenhängende Freiräume für unterschiedliche ökologische Funktionen, für naturschonende, nachhaltige Nutzungen oder für die Erholung.“

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Die Autoflut eindämmem

Wer mal versucht, im Internet nach Autofreier Innenstadt zu suchen, wird feststellen, dass hier ein wahrer Kulturkampf ausgebrochen ist zwischen den beiden Haltungen „es soll sich möglichst nichts verändern“ und „wir brauchen eine neue Mobilität“ Dabei wird gern zu Zuschreibungen wie „Wunschdenken“ oder „Ideologie“ gegriffen und auch mit Überspitzungen gearbeitet, wie „gar keinen Autoverkehr mehr“.

Natürlich gehört die Tatsache des Klimawandels und die daraus resultierende Notwendigkeit unter anderem auch den Autoverkehr drastisch zu reduzieren, mittlerweile zum festen Bestandteil des Allgemeinwissens.

Wir wissen um die gesundheitlichen Schäden durch Feinstaub und Lärm, um die Landschafts- und Naturzerstörung durch immer mehr Verkehrsflächen. Wir empfinden es nicht als Freiheit, wenn wir jeden Morgen und Abend über die B10 oder die Autobahn zur Arbeit und zurück kriechen und wir fühlen uns durch die absurde Vermehrung der fahrenden und vor allem stehenden PKW´s immer stärker bedrängt, übrigens alles Themen, die auch ein E-antrieb nicht ändert.

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